Die Deutschen und ihr Wald
Das geheime Leben der Bäume
Er steht für Stille, Wohlbefinden, unberührte Natur - und birgt viele Geheimnisse.
Ein multimediales Webspecial von Sandra Demmelhuber
beruht auf Geduld,
braucht Zeit,
braucht Stille.
Hermann Hesse
Mythos Wald
Dieses Bild ist bis heute tief in unserer Gesellschaft verankert.
König Ludwig II. ließ es 1869 nach dem Vorbild einer mittelalterlichen Burg errichten.
Das Geheimnis der Bäume
Wunder der Natur
Aber diese Wunder brauchen Zeit, denn Bäume sind
unendlich langsam: Ihre Kindheit dauert zehn Mal so lange wie unsere, ihre gesamte Lebensspanne fünf Mal so lange - mindestens.
Liebe
Wird einer der beiden krank, versorgt ihn der andere mit Nährstoffen, bis es ihm wieder besser geht.
Manche Baumpaare sind so innig über die Wurzeln verbunden, dass sie sogar gemeinsam sterben.
Zusammen ist man weniger allein
Gemeinsam geht vieles besser, schließlich ist ein Baum noch lange kein Wald. Ein Baum alleine wäre Wind und Wetter sowie Hitze- und Kälteextremen schutzlos ausgeliefert.
Sozialsystem
Das funktioniert wie unser Sozialsystem, das ebenfalls verhindert, dass einzelne Mitglieder verloren gehen.
Sprache
Wird ein Baum angegriffen, sendet er zusätzlich elektrische Signale aus.
Diese Signale haben aber nicht wie bei uns Geschwindigkeiten von wenigen Millisekunden: Bei Bäumen dauert es etwa eine Minute pro Zentimeter. Und dann noch einmal ungefähr eine Stunde, bis die Abwehrstoffe in die Blätter eingelagert werden.
Wood-Wide-Web
Pilze im Wald funktionieren wie die Glasfaserleitungen unseres Internets: Die dünnen Fäden durchdringen den Boden und durchweben ihn in kaum vorstellbarer Dichte.
Ein einziger Pilz kann sich im Laufe von Jahrhunderten über mehrere Quadratkilometer ausbreiten, er gehört deshalb zu den größten Lebewesen der Erde.
Mittlerweile spricht sogar die Wissenschaft von einem "Wood-Wide-Web".
Was und wie viel ausgetauscht wird, ist allerdings bis heute kaum erforscht.
Gute Nachrichten
Ein Beispiel kennen wir alle: Die Duftbotschaften aus den Blüten. Bäume tauschen aber auch visuell Nachrichten aus. Die Farben, die sich deutlich vom Grün der Blätter abheben, funktionieren wie unsere Werbetafeln.
Das machen sie allerdings nicht, um uns zu gefallen, - sondern um Bienen auf sich aufmerksam zu machen. Nach der Bestäubung gibt es für die fleißigen Tierchen sogar eine Belohnung: süßer Nektar, ein konzentrierter Zuckersaft.
Wasser
Im Frühjahr schießt das Wasser mit einer solchen Wucht von den Wurzeln in den Stamm, dass es mit einem Stethoskop zu hören ist.
Ein Spaziergang durch den Wald
stecken mehr Lebewesen,
als es Menschen auf der Erde gibt.
Nur wenige schaffen es nach oben
Eher unwahrscheinlich.
Während in den oberen Etagen Buchen, Tannen und Fichten 97 Prozent des Sonnenlichts einfangen, gelangt zu den jungen Bäumchen unten nur ganz wenig Licht. Sie werden wieder zu Humus, ehe ihr Stiel hölzern wird.
Buchen bilden bei einem Höchstalter von 400 Jahren rund 1,8 Millionen Bucheckern. Von diesen wird - statistisch betrachtet - genau eine einzige zu einem ausgewachsenen Baum.
Baumkinder mit höheren Überlebenschancen (diese sind dann bis zu 80 Jahre alt) nehmen über die Wurzel Kontakt zur Mutter auf, die ihnen Zucker und andere Nährstoffe abgibt.
Leben im Schatten
Der Waldklee kann sogar noch bei einem Minimum von 1/160 des Sonnenlichts überleben.
Gut geschützt
Die schlüpfenden Larven beginnen zu fressen und durch die chemischen Verbindungen in ihrem Speichel wächst aus dem Blatt eine rote Schutzhülle.
Ob zipfelig (Buche) oder rund (Eiche, hier): Im Inneren ist der Insektennachwuchs vor Fressfeinden geschützt.
Zwillinge des Waldes
Bei den Zwieseln gabelt sich der Stamm bei einer bestimmten Höhe - und wächst fortan im Doppelpack weiter.
Dieser innen komplett ausgehöhlte Baumstamm dient nun Tieren als Unterschlupf.
Standort
"Ein krummes Leben mit genügend Licht zur Fortpflanzung ist immer noch besser als keines", ist das Motto der meisten Laubbäume.
Nadelbäume hingegen bleiben stur: Sie wachsen entweder kerzengerade - oder gar nicht.
Können? Müssen!
Tiere im Wald
Ohne diese für uns unsichtbaren Lebewesen könnte der Nährstoffkreislauf nicht funktionieren.
Es wäre kein Pflanzenwachstum möglich.
Sie sind im Wald eher selten anzutreffen.
Lebenswichtig
Bäume sind lebenswichtig, das wissen wir alle.
Warum fällt es uns dann schwer, sie zu verstehen?
Die Sinne der Planzen sind ganz anders ausgelegt als bei Menschen und Tieren.
Wir brauchen deshalb die Wissenschaft, um wenigstens eine leise Ahnung davon zu bekommen, was in den Bäumen vorgeht.
Das ist wichtig, denn nur wer die Bäume kennt, ist auch bereit, sie zu schützen.
Quellenangabe und Buchtipp
Peter Wohlleben: Das geheime Leben der Bäume. Was sie fühlen, wie sie kommunizieren.
Fotos und Videos:
© Sandra Demmelhuber (ARD/BR)